Beweislast und Beweislasturteil

Wer Muss WAS IM Prozess Beweisen?

 

Sind die Beweise erdrückend - und für wen?

 

Beweise sind oft entscheidend dafür, ob ein Prozess gewonnen oder verloren wird, das ist ja klar. Aber wer muss was beweisen? Was bedeutet Beweislast oder Beweislasturteil?

 

Die Grundregel zur Verteilung der Beweislast vor Gericht lautet: Jeder muss das beweisen, was für ihn günstig ist. (Selbstverständlich gibt es auch von dieser Regel zahlreiche Ausnahmen, die wir hier nicht vertiefen.) Ein einfaches Beispiel:

 

Wenn ein Vermieter seinen Mieter auf ausstehende Miete verklagt, so muss der Vermieter erstmal beweisen, dass er dem Mieter die Wohnung zu diesem Preis vermietet hat. Ein schriftlicher Mietvertrag wäre an dieser Stelle ein hilfreiches Beweismittel. Wendet nun der Mieter im Prozess ein, er habe die Miete doch schon bezahlt, so muss der Mieter die Zahlung beweisen. Es ist also nicht etwa so, dass der Vermieter die Nichtzahlung beweisen muss, wie sollte er diesen Beweis auch führen?

 

Wer sich auf eine Zahlung beruft, die er geleistet haben will, muss dafür im Prozess auch den Beweis erbringen, er trägt die Beweislast, weil er damit eine für ihn günstige Behauptung aufstellt. Der Mieter kann zum Beweis der Mietzahlung seinen Kontoauszug vorlegen. Oder, falls er eine Barzahlung behaupten will, kann er eine vom Vermieter unterzeichnete Quittung vorzeigen. Ist die Quittung verloren gegangen und kann der Mieter die Zahlung auch nicht mit anderen Beweismitteln, z.B. mit Hilfe von Zeugen, nachweisen, so bleibt er für seine Behauptung, die Miete schon gezahlt zu haben, beweisfällig und verliert allein deshalb den Prozess, es ergeht ein Beweislasturteil gegen ihn.

 

"Das darf doch nicht wahr sein, ich hab doch schon bezahlt?!" schreit dann Mieter und droht, nachdem er schon die Quittung und den Prozess verloren hat, nun auch noch den Glauben an unser ganzes Rechtssystem zu verlieren. Dabei ist dieses System doch eigentlich ziemlich fair. Oder sollen die Richter nur danach entscheiden, wer die treueren Augen hat?

 

"Aber Sie glauben mir doch wenigstens?" Oje, sowas mag der Anwalt von seinen Mandanten nicht gefragt werden, denn da muss er vielleicht lügen, und das tut er - entgegen weit verbreiteter Vorurteile - gar nicht so gerne. Unsere Aufgabe ist es nicht, die Wahrheit zu kennen, und erst recht nicht, sie zu glauben, sondern wir sind Interessenvertreter. Zu Glaubensbekenntnissen lassen sich Anwälte nur ungern nötigen. Was die Mandanten jedoch erwarten können, ist eine realistische Einschätzung der Erfolgsaussichten, sich mit ihrer Geschichte in einem Rechtsstreit durchzusetzen.

 

Wenn Sie Ihrem Anwalt alle Karten offen auf den Tisch legen und ihm dann gut zuhören, gewinnen Sie damit vielleicht noch keinen Prozess, aber Sie werden auch nicht erdrückt - von der Beweislast.

 

Dr. Sybille Weber

Rechtsanwältin